Archive für 18.6.2011

ALS, TV und Tod

ALS, die „Amyotrophe Lateral Sklerose“, muss man im TV mit der Lupe suchen. Menschen mit zwei Köpfen, Naturkatastrophen oder Tiere, die einen Handstand machen können, sind eben spektakulärer.

Wenn auch nicht in „ernsthaften“ Sendungen präsent, wurde ALS kürzlich im Unterhaltungsfernsehen behandelt. Letzte Woche erkrankte ein Crewmitglied der „Destiny“ bei „Stargate Universe“, und einmal war die Krankheit Thema bei „Scrubs“, meiner -sonst eher lustigen- Lieblingsmittagsserie. Das Gemeine bei Stargate war, dass die Erkrankte selber Krankenschwester war und genau wusste, wie die Krankheit verlaufen würde. Sie machte sich nichts vor, sondern hatte genau vor Augen, wie der Krankheitsverlauf bei ihr aussehen würde und artikulierte das auch denkbar klar:
„Die Diagnose ist ein Todesurteil!“

Jeder andere muss die Diagnose erstmal verstehen, verarbeiten und für sich umsetzen. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, als mir die abschließende Diagnose mitgeteilt wurde. Der Arzt war m.E. nicht besonders routiniert mit derartigen Eröffnungen, aber wer legt da in einer solchen Situation schon Wert drauf?! Auf jeden Fall warf mich die Nachricht um, obwohl ich keinen blassen Schimmer davon hatte, was mich noch erwartete!

Einige Zeit lenkten mich die Recherchen zum Thema ALS ab. Als sich die Informationen so oft wiederholten, dass ich glauben musste, was ich las, begann ich stückeweise, mich mit dem Befund zu arrangieren. Aber die menschliche Vorstellungskraft ist doch recht beschränkt! Vielleicht hätte ich auch verstärkt visuell orientiert recherchieren sollen - aber wer will sich so etwas wirklich vor Augen führen?! Zumal, wenn es einen Blick auf die eigene Zukunft darstellt! Ich als unverbesserlicher Optimist wollte das jedenfalls nicht. Durch die Tür wollte ich erst gehen, wenn es soweit war.

Mittlerweile bin ich durch einige Türen gegangen, von denen ich vor einigen Monaten noch nichts ahnte. Dazu gehört die Todesangst durch einen Atemnotsanfall beim Essen genau wie das Verwickeln in meine Bettdecke am Morgen. Jemand fragte mich vor Kurzem, ob mir die Aussicht auf den unausweichlichen Tod keine Angst mache, weil ich immer so locker und lustig schreibe und ob ich an ein Leben nach dem Tod glaube?

Doch, selbstverständlich habe ich Angst vor dem Sterben. Nicht vor dem Zustand, sondern vor der Prozedur, die mich etwas ängstigt. An ein Leben nach dem Tod glaube ich insofern, dass in der Natur nichts verschwendet wird und die Physiker bewiesen haben, dass Energie nicht irgendwie verpufft oder verloren geht, sondern lediglich seinen Zustand ändert. Warum sollte es hier anders sein? So überwiegt die Neugierde auf Kommendes und das „Reisefieber“ bei mir.

Seit einiger Zeit kommt es durch mein geringes Lungenvolumen öfter zu unangenehmen Situationen. Einige ALS-Kranke sterben an einer Lungenentzündung (bestimmt auch nicht schön), die meisten jedoch an Atemlähmung. Das kann ich mir nach einigen Atemsnotattacken lebhaft vorstellen. Nicht schön! Wenn das Leben -und Sterben- ein Wunschkonzert wäre, wüsste ich einige weniger furchtbare Todesarten, die ich dem Ersticken vorziehen würde.

Es ist so lächerlich und frustrierend, wenn man auf dem Rücken liegt, keine Luft mehr bekommt und nicht mehr imstande ist, seine Lage zu verändern. Lustig (oder makaber - ist Ansichtsache) wird es, wenn man Gespräche in der naheliegenden Küche hört, in denen es um Frühstück geht. Ich muss dann jedenfalls lächeln, denke, dass ich bald kein Frühstück mehr brauche. So lebensbedrohlich kann es dann doch eigentlich nicht sein - oder stirbt die Fähigkeit zum klaren Denken schon 5 Minuten früher als der Rest? Wie immer: so viele Fragen - und so wenig Antworten…

Apropos Sterben und Todesfälle:
Meine Internetverbindung über „Simply Data“ wollte letzte Woche plötzlich nicht mehr! Wer das Unternehmen nicht kennt: ist ein recht günstiger Wiederverkäufer des Telekom-Netzes für die UMTS-Nutzung. Günstig durch schlanke Strukturen und/oder dünne Personaldecke? Muss wohl so sein, denn trotz ausgiebiger Versuche, deren ‘Hotline’ telefonisch zu erreichen, scheiterten meine Eltern. Sonst manchmal etwas zögerlich für meinen Geschmack fackelten sie nicht lange, kündigten den Vertrag dort und schlossen einen anderen ab. Seit Sonntag habe ich wieder Internetzugang - und bin (bis auf Widerruf) O2 Kunde. Schaun wir mal, wie sich das so entwickelt, ich kann erstmal wieder samstags schreiben. Wenn ich so wie letzte Woche  aussetze, sind kleinere Probleme ursächlich, zumeist technischer Natur. Mit meinem Ableben sollte frühestens nach etwa 4 Wochen Funkstille gerechnet werden!

Die Software meines Kommunikationssystems (P10/mytobii) befindet sich nach wie vor in dem fehlerhaften Auslieferungszustand aus dem Jahr 2008, Version 2.4.5.0. Eine ungewöhnlich lange Zeit ohne Fehlerbereinigung, Verbesserung oder Veränderung für ein Softwareunternehmen. Mein Händler/Verkäufer/Distributor aus Hannover, Technik für Behinderte (www.tfb-team.de), rührt sich auch nicht! Schön, wenn der Kunde kaum kündigen kann und man ein Fast-Monopol hat…:-(

Der Mond war voll, rund und rot - und ist jetzt wieder weg. Ballack auch…

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